Gastbeitrag - Erbrecht - anwalt.org
Autorin: Jenna Eatough
Kurzvita: Jenna Eatough studierte an der Universität Regensburg zunächst Rechtswissenschaften mit Abschluss der juristischen Zwischenprüfung und dann Medienwissenschaften (BA). Heute lebt sie in Berlin und ist unter anderem als freie Journalistin für verschiedene Verbände tätig.
Das Erbrecht: Ein Überblick
Mit dem Thema „Erbrecht“ beschäftigt sich so gut wie niemand gern: Dieses Rechtsgebiet verkörpert nicht nur eine mit anderen Bereichen verwachsene, komplexe Disziplin; zudem geht eine entsprechende Befassung des Betroffenen in der Regel mit vielen Emotionen einher. Um einen klaren Kopf zu fassen wird daher nicht selten externe Unterstützung in Anspruch genommen. Welche grundlegenden erbrechtlichen Begrifflichkeiten sollte man kennen? Worauf kommt es im Rahmen der eigenen Vorsorge an? Der nachfolgende Text bietet eine erste Einführung.
Gesetzliche Einordnung
Das Erbrecht vereinigt all diejenigen Gesetzlichkeiten unter sich, welche sich mit der Überführung von Rechten, Pflichten sowie des Nachlasses auf den oder die Erben beschäftigen. Im Grundgesetz wird das Recht zur Vererbung verfassungsrechtlich gewährleistet. Zwar beinhalten eine Reihe von Gesetzesbüchern erbrechtliche Normen, doch dient das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) diesbezüglich als generelles zivilrechtliches Reglement. Hier betreffen die §§ 1922 – 2385 BGB das Erbrecht. In § 2229 BGB wird die Testierfreiheit festgehalten, welche alle in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Personen zur Formulierung einer letztwilligen Verfügung berechtigt. Dennoch bestehen auch hier Ausnahmen: Grundsätzlich sind unter 16-Jährige und Menschen mit krankhaften Störungen, Bewusstseinsstörungen oder Geistesschwächen hierzu nicht autorisiert. Für diese Bürgerinnen und Bürger bestehen Sonderregelungen. So können etwa Minderjährige im Wege des Hinzuziehens notariellen Beistandes ein Testament aufsetzen. Geht es indes um eine unter einer Behinderung leidenden Person, kann ein sogenanntes Behindertentestament formuliert werden, um dessen Fürsorge und Pflege nach dem Dahinscheiden der für ihn Sorgetragenden zu gewährleisten.
Erben: Benennung vs. Gesamtnachfolge
Wer ein Testament aufsetzt, der darf seine Erben nach eigenem Ermessen aussuchen. Den Kontrast hierzu liefert die sogenannte Universalsukzession (auch Gesamtnachfolge genannt): Hier sind sowohl ein testamentarisch festgehaltener Wille als auch die dazugehörige Übertragungsakte absent. Fundamental ist in jedem Falle stets die Erbfähigkeit des jeweiligen Erben, welche dann zu bejahen ist, sobald dieser eine natürliche sowie rechtsfähige oder juristische Person ist. Zudem muss dieser zum Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers am Leben sein. Nicht zuletzt ist dann zwischen einem testamentarisch festgehaltenen Nachlass und der gesetzlichen Erbfolge zu unterscheiden. Wird der Nachlassempfänger nicht ausdrücklich benannt oder ist das jeweilige Schriftstück nichtig, so entfaltet die Erbenfestlegung kraft des Gesetzes ihre Wirkung und tritt als subsidiäre Auffangnorm entsprechend ein. Hierbei bestehen verschiedene Kategorisierungen:
● Gesetzliche Erben erster Ordnung (Abkömmlinge und Nachwuchs des Erblassers)
● Gesetzliche Erben zweiter Ordnung (Eltern des Erblassers und deren Nachwuchs)
● Gesetzliche Erben dritter Ordnung (Großeltern des Erblassers und deren Nachwuchs)
● Gesetzliche Erben vierter Ordnung (Urgroßeltern des Erblassers und deren Nachwuchs)
Bei der vorliegend gewählten Aufeinanderfolge handelt es sich auch um die tatsächliche Reihenfolge der gesetzlichen Erben. Sofern ein Anverwandter der vorherigen Ordnung noch lebt, ist die Erbschaft des jeweiligen Familienmitgliedes ausgeschlossen. Ungeachtet dessen, ob noch Eltern, Nichten oder Neffen des Erblassers am Leben sind: Dessen Kind wird stets Vorzug gewährt. Von höchster Relevanz ist aber die Bedingung geteilter Ahnen. Keinerlei Erbansprüche kommen somit Schwiegereltern zu. Geht es dagegen um Adoptivkinder oder Ehegatten, so bestehen Ausnahmeregelungen.
Erbanteil und Pflichtteil
Unter dem sogenannten Erbanteil versteht man diejenige Proportion an der Erbmasse, welcher, gemäß der entsprechenden Festlegung durch den Erblasser, auf den Erben übergehen soll. Hierbei besteht keine Begrenzung – wie hoch der zu vererbende Anteil sein soll, kann der Erblasser selbstständig bestimmen. Der Pflichtteil dagegen wird durch den Gesetzgeber genauestens definiert. Er zielt auf den Schutz naher Verwandter (Erben erster Ordnung) ab. Bleiben diese innerhalb des Testaments außen vor, so steht ihnen dennoch ein gesetzlich festgelegtes Minimum zu. Insgesamt macht der Pflichtteil 50% des Erbanteils aus und stellt einen ausschließlich geldlichen Anspruch dar. Nur unter bestimmten Umständen kann eine Enterbung möglich werden, etwa wenn der gesetzliche Erbe den Erblasser körperlich misshandelte. Wird der Betroffene allerdings ungerechtfertigter Weise enterbt, so kann er seinen Pflichtteil herausfordern. Mittels des sogenannten Erbverzichts (auch als Pflichtteilsverzicht bekannt) lässt sich aber auch ein Ausschluss von Erb- und Pflichtteil erreichen. Dies geschieht auf der Grundlage einer vertraglichen Übereinkunft zwischen dem noch lebenden Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten. Hierbei kommt es zur Aufgabe der Pflichtteilsansprüche durch den andernfalls berechtigten gesetzlichen Erben. Zwingend erforderlich ist allerdings, aufgrund der Konsequenzen und der Tragweite dieser Entscheidung, eine entsprechende notarielle Beurkundung des Kontraktes.
Erbschaftssteuer
Schlussendlich müssen die Erbschaftssteuern mitbedacht werden, welche im Erbschaftssteuer- und Schenkungsgesetz (ErbStG) geregelt sind. Gleichgültig ist hierbei, ob es sich um eine Schenkung oder um eine Erbschaft dreht. Steuern fallen stets an. Der heranzuziehende Steuersatz ist in beiden Fällen abhängig vom jeweiligen Grad der Verwandtschaft, wobei in der Summe, zwischen drei verschiedene Steuerklassen zu differenzieren ist. Des Weiteren wird der steuerliche Freibetrag ebenso durch Verwandtschaftsgrad bedingt.
Ausführliche Informationen zum Thema Erbschaftssteuer finden Sie hier.